#20.2 – Die #metoo-Geschichte

Es geht doch erstmal weiter mit „Männer in der Öffentlichkeit“-Stories, da mir neuerdings wieder was in der Richtung passiert ist und ich noch an einen älteren Vorfall erinnert wurde. Falls ihr den ersten Teil verpasst habt, würde ich euch empfehlen, den nachzuholen :).

Letztens saß ich mit einer Freundin in der U-Bahn auf dem Weg nach Hause. Hinter uns war so ein betrunkener Kerl, der vor sich hingebabbelt und unsere Unterhaltung kommentiert hat. Wir haben uns an so einem Viererplatz hingesetzt und er leider auch zu uns. Irgendwie hatten wir beide denselben Instinkt und haben einfach weiter in unserer Muttersprache gesprochen, damit der Kerl nicht versteht worüber wir uns unterhalten. Er hat uns weiterhin richtig schmierig angestarrt und zwischendurch auf uns gezeigt. Ich weiß nicht was ihr Grund war, dass wir uns nicht woanders hingesetzt haben, aber meiner war, dass wir eh in drei Stationen aussteigen und er es weiterhin geschafft hätte uns zu belästigen, solange wir in der Bahn waren.

Als es dann so weit war und wir an unserer Haltestelle angekommen sind, hat er irgendwie was gesagt mit: „Es war angenehm mit euch.“ Normalerweise habe ich mehr Selbstkontrolle, aber in dem Moment sagte ich: „Ich fand es aber nicht angenehm mit Ihnen.“ Nachdem ich diese Worte ausgesprochen hatte, hatte ich richtig Angst, dass er jetzt aus dieser Bahn springt und mir ins Gesicht schlägt oder sonstiges. Ich hatte echt verdammt Schiss, auch als ich dann schon zuhause saß, habe noch eine Weile vor mich hingezittert und war kurz davor einfach zu weinen. Jedes Mal, wenn mich fremde Männer auf der Straße ansprechen; am schlimmsten ist es, wenn sie betrunken sind; dann kriege ich erstmal Panik und möchte aus der Situation fliehen.

Es gibt noch eine ältere Geschichte, die ziemlich traumatisierend für mich war. Ich hatte eine Phase wo ich viel allein feiern gewesen bin und/oder Nachts im Club gearbeitet habe. Da es nicht weit von mir zuhause war, bin ich meistens Nachts allein nach Hause gelaufen. Ich war nie ein Mensch, der groß Angst hatte und für irgendwas Begleitung gebraucht hat. Eines Nachts habe ich wie gewohnt dem Heimweg angetreten, bis ich irgendwann gemerkt habe, dass jemand hinter mir ist und mich wahrscheinlich verfolgt. Daraufhin habe ich meine Geschwindigkeit erhöht, bis ich in Highheels so schnell wie mir möglich war gerannt bin.

Als ich das Vordertor aufgeschlossen habe, hat er mich eingeholt und mich gegen die Wand gedrückt. Ich hatte die Panik meines Lebens und habe angefangen zu schreien. Daraufhin ist er weggerannt. Zum Glück. Ich weiß nicht was passiert wäre, wenn ich es nicht geschafft hätte meine Stimme einzusetzen.

Männer in den vier Wänden

Ich erzählte euch bereits von meinem ersten Mal. Irgendwo wusste ich schon immer, dass es nicht richtig war, aber ich dachte immer, dass gehört sich so. Wenn ich ehrlich bin wollte ich keinen Sex mit ihm haben. Mein Antrieb war einfach die Angst verlassen zu werden und ich mich für Sex hergeben muss, weil es sich so gehört. Im Nachhinein, denke ich, dass ich mich ziemlich missbraucht gefühlt habe. Inzwischen weiß ich, dass tolerieren nicht genug ist um es als ein ja gültig zu machen. Zum Glück bin ich inzwischen gewohnt ein nein zu nutzen, wenn ich nicht völlig davon überzeugt bin.

Damals war ich mit DU zusammen. Wir führten eine offene Fernbeziehung und ich war ein Idiot. Ich rede so gut wie nie schlecht über meine Ex-Freunde, aber der Junge war ein Reinfall. Auch jetzt noch frage ich mich, wer mir damals ins Hirn geschissen hat. Wir haben uns alle zwei, drei Wochen gesehen, aber die meiste Zeit waren wir einfach zu Hause und haben nichts gemacht, außer Tekken auf der PS4 zu spielen. Ich habe nichts gegen chillige Wochenenden, aber trotzdem wollte ich auch mal was unternehmen. Irgendwann hat er sich auch Null um mich bemüht und ich war sehr unzufrieden mit der Beziehung.

Es war eine emotionale Achterbahn für mich. Einerseits hasste ich die Beziehung, anderseits wollte ich sie nicht einfach hinschmeißen. Daraufhin folgte das berühmte on/off und ich war völlig fertig. Irgendwann waren wir offiziell getrennt, aber er wollte noch einmal mit mir Dinge aussprechen und meinte, wir könnten bei ihm zusammen nett Hotpot essen. Ich musste nach meiner Anfahrt aus Berlin sogar noch selbst den Einkauf tätigen, was mich ziemlich angepisst hat, weil er nichts vorbereitet hat, obwohl es sein Vorschlag war. Es war komisch zwischen uns. Ich wartete, bis er mit dem ernsten Gespräch beginnt, aber das folgte nicht.

Nachdem wir das Essen weggeräumt haben, meinte er, dass wir im Bett reden könnten. Als er die Tür absperrte, habe ich dumme ja nichts geahnt. Als wir im Bett lagen, hat er angefangen mich anzumachen und mich auszuziehen. Ich sagte, dass ich es nicht möchte, aber er hörte nicht auf. Als er mich angefangen hat zu penetrieren, habe ich angefangen zu weinen. Er vergnügte sich weiterhin und als ich Es tut so weh. sagte, fragte er mich warum. Es war nicht so, wie man es sich vorstellt, er war nicht physisch grob zu mir und ich wehrte mich körperlich auch nicht. Meine Psyche sprach aber eine ganz andere Sprache.

Als es vorbei war, war mein Kopf leer. Ich wollte über alles nicht nachdenken und entschied mich einfach zu schlafen. Es war eh mitten in der Nacht und ich hatte keine Kraft um unter der Brücke zu übernachten oder jemanden zu finden, zu dem ich hinlaufen kann. Am Morgen bin ich vor ihm aufgewacht, habe mich angezogen, meine Sachen gepackt und suchte den Schlüssel um für immer aus seinem Leben zu verschwinden. Als ich auf die Straßenbahn wartete, wurde mir klar, was eigentlich passiert ist. Ich hatte einer guten Freundin von mir geschrieben, die ihn auch schon kennengelernt hatte. Nach dem Vorfall (und anderen Sachen) meide ich es komplett nach Nürnberg zu fahren.

Dieser große Abstand hat mir viel Sicherheit gegeben. Ich sprach ein paar Mal noch darüber, aber ich nutze immer noch nicht dieses Wort. Jetzt nach über 5 Jahren, tue ich es immer noch nicht. Wenn ich ehrlich bin habe ich nach der Abreise damit abgeschlossen. Okay, ich denke, ich habe es verdrängt und tue es immer noch. Ob es gesund ist? Ich weiß es nicht. Was ich weiß ist, dass ich mir (bisher) weiteren Nervenzusammenbrüchen gut aus dem Weg gehen konnte. Seitdem habe ich ihn auch nicht mein außerhalb der social Media wieder gesehen. Ich kann auch Null einschätzen, ob und wie ich reagieren würde, wenn es doch irgendwann geschieht.

Bestimmt wollt ihr wissen, ob ich ihn darauf angesprochen habe. Jein. Er hat mir, nachdem er aufgewacht ist eine SMS geschrieben mit den Worten. Du hättest auch Tschüss sagen können, bevor du gegangen bist. Als ich versuchte ihm zu erklären, was er für ein Arschloch ist, hat er es nicht verstanden. Am Ende sagte ich nichts mehr dazu. Wir haben dann auch eine Zeit danach offiziell nochmal per SMS Schluss gemacht. Angezeigt habe ich ihn nicht. Die Vorstellung mich damit beschäftigen war viel schrecklicher als einfach selbst damit klarzukommen.

Fazit: All diese Vorfälle haben mehr Spuren hinterlassen, als ich mir eingestehen möchte. Ich habe so gesehen nicht das Vertrauen an die Menschheit verloren und habe seitdem sehr vielen Menschen wieder Chancen gegeben. Es gibt aber Menschentypen, die ich inzwischen meide. Auf Choleriker reagiere ich ganz schlecht und breche sofort in Tränen aus, wenn mich ein Mann anschreit. Narzissten rieche ich meistens auf sehr weiter Ferne und versuche da auch meinen Abstand zu halten. Was sich aber gar nicht verändert hat, sind meine Fantasien und Praktiken um das Thema consensual nonconsensual kink und mein Verlangen beim Sex benutzt zu werden.

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