totd #24 – Solo-Polyamorie

Eine sehr süße und gelungene Zeichnung (:

Ich befinde mich immer noch in einer Phase wo ich mich viel mit Polyamorie beschäftige. Den Begriff „Relationship-Escalator“ habe ich zum ersten Mal gehört als ich „TM“ getroffen hatte. Als ich ihn fragte ob er eine Freundin hat, hat er mir erklärt, dass er keine wirkliche Definition hat, was zwischen ihm und seiner Mitbewohnerin/Freundin/Partnerin ist. Dadurch bin ich auf das Wort Beziehungsanarchie gestoßen. Ich kann inzwischen gut nachvollziehen was er damit meinte. Durch Zufall habe ich heute einen Artikel über Solo-Polyamorie gelesen und irgendwie hat es bei mir Klick gemacht. Keine Sorge, ich gehe gleich mehr auf einzelne Begriffe ein, aber nur aus meiner Sicht der Dinge. Wer mehr wissen möchte, der kann gerne Freund google fragen.

Seit ich sowas wie romantische Beziehungen kenne und nach jeder Trennung; habe ich mich selbst hinterfragt. Wie konnte es sein, dass ich mich immer verliere und in ein tiefes Loch gefallen bin? Ich liebte meinen Partner und verbrachte jede lebende Minute damit „Pflichten“ zu erfüllen, die gar kein Mensch von mir erwartet hatte. Dieser Gedanke selbstlos sein zu müssen ist ziemlich tief in mir verankert. Es fühlte sich immer sehr falsch an egoistisch zu sein. An sich selbst zu denken. Mein Bild sah so aus, dass ich meinem Gegenüber alles gebe und er mir im Austausch alles zurückgibt. Natürlich ist es zum scheitern verurteilt. Man sollte nie erwarten, dass ein anderer Mensch immer für einen da sein kann.

Ich sehnte mich immer nach Intimität und Liebe, aber ich strebte auch mein halbes Leben nach Freiheit. Dadurch entstand öfters die Frage ob ich einfach nur beziehungsunfähig bin. Meine Freunde antworteten öfters auf die Frage, dass sie schon finden, dass ich ein Beziehungsmensch bin. Klar habe ich meine Probleme mit Nähe und Verlustängsten, aber ich würde mich als eine gute Partnerin bezeichnen. Ich hatte immer nur den inneren Konflikt jemand zu sein, der ich eigentlich gar nicht bin. Weil ich kein Egoist sein wollte. Weil ich dachte, es wäre falsch nicht alles in eine Beziehung zu investieren. Ich empfand mich immer als sehr verständnisvoll und es hat mich sehr gekränkt, wenn ich betrogen worden bin. Es war nicht der Fakt, dass es jemanden anderes gab, sondern der, dass man nicht mit mir darüber gesprochen hat.

Mit einem Ex von mir führte ich eine offene Beziehung. Ich hatte mich damals mit einem Kerl getroffen, mit dem ich immer Sex hatte, wenn wir betrunken waren. Wir lernten uns in einer Disko kennen, in der ich gearbeitet habe. Er war einer der Stammkunden dort, deshalb liefen wir uns öfters über den Weg. Ich mochte es diese Freiheit zu haben, mit ihm nach Hause gehen zu können, wenn mir danach ist. Ich vögelte mit ihm, weil ich es konnte. Mein Ex fand das glaube ich nicht so gut. Er distanzierte sich von mir. Als ich zufällig gelesen hatte, dass er einem Mädel geschrieben hat, dass er gerne mit ihr eine Beziehung führen möchte, fühlte es sich so an als würde mein Herz in Tausende Stücke zerreißen. Warum hat er mir nichts davon erzählt?

Letztes Jahr startete ich mit dem Konzept Nicht-Beziehungen, Sex ohne Liebe und Freundschaft +. Nicht-Beziehungen fühlten sich nicht richtig an. Ich war sehr in „SS“ verliebt, aber die Vorstellung eine richtige Beziehung mit Zukunft zu führen, war bedrückend. Es war nicht die Freiheit, die ich mich vorgestellt habe. Ich war wieder gefangen in Besitz und Unsicherheiten und versuchte krampfhaft alles „richtig“ zu machen. Natürlich bin ich daran kaputt gegangen, obwohl ich mich mit allen Mitteln gewehrt hatte und klargestellt habe, dass ich nicht darüber nachdenke wieder monogam zu leben. Ich versuchte mich mit Sex zu betäuben und mir einzureden, ich würde ihn nicht brauchen.

Tat ich so gesehen auch nicht. Zumindest auf der nicht-emotionalen Ebene. Ich hatte meine Freunde, meine Männer und jede Menge andere Dinge, die ich gerne tue. Viel Freizeit hatte ich auch nicht, aber ich verbrachte unglaublich gerne Zeit mit ihm. Für mich war ein bisschen wie „er und ich, wir sind ein Ding“, you know. So unausgesprochen. Aber wisst ihr Nicht-Beziehungen sind solche, weil man Angst hat Gefühle für die andere Person zuzugeben und wohl eine panische Angst vor einer Bindung hat. Das ist sicher keine gesunde Grundlage für eine zwischenmenschliche Interaktion. Es ist einer der Gründe, warum es scheitern musste. Deshalb, nein, danke. Nochmal brauche ich es nicht.

Als für mich das Thema Polyamorie entdeckt hatte und aufgehört hatte es abzulehnen, fiel eine große Last von mir ab. Mir ist klar geworden, dass man sich gar nicht entscheiden muss. Ich habe auch die Gleichung verstanden, dass mehr Menschen nicht weniger Liebe bedeutet. Trotzdem war es nicht die Antwort, von der ich dachte, dass sie perfekt passt. Bis ich heute entdeckt habe, dass das Wort Beziehung mich daran so unglaublich stört. Ich war immer sehr gerne Single. Da fühlte ich mich am wohlsten, selbstbewusstesten und glücklichsten. Beziehung hat für mich dieses „man hat sich entschieden und muss es gegenüber anderen so definieren“.

Ich hatte noch nie in Facebook oder co einen Beziehungsstatus angegeben oder Fotos mit meinem Partner hochgeladen. Nicht, dass ich es verheimlichen wollte, aber ich hatte einfach nie Bedürfnis es auf social Media zu teilen. Die kleinen intimen Momente gehörten nur uns und keinem anderem. Deshalb hat mich das Konzept von Beziehungsanarchie so angesprochen. Ich möchte von den ganzen gängigen monogamen Definitionen Abstand halten. Manche Dinge kann man einfach nicht nur in eine Schublade stecken. Pflegt man denn nicht mit allen Menschen sowieso eine Art Beziehung?

Ich empfinde für jede Menge Menschen Liebe. Diese haben einen riesigen Fleck in meinem Herzen, der nur ihnen gehört. Liebe ich deshalb jemanden mehr? Oder ist jemand eine Rangstufe höher gestellt? Nein. Es gibt Phasen, wo man sich öfters sieht und dann welche, wo man gar nichts miteinander am Hut hat. Warum ist es bei Freundschaft in Ordnung und in Beziehungen nicht? Weil man vorgemacht bekommt, dass Beziehungen exklusiv sein sollen. Wenn es nicht der Fall ist, kann es ja gar nicht ernst und echt sein. So ticken die meisten Menschen, aber ich möchte das nicht mehr. Die Vorstellung eine Person für immer und ewig zu lieben kann sehr romantisch sein. Zusammen die Welt bereisen, zusammen was aufbauen, zusammen alt werden.

Anderseits finde ich es auch romantisch mit Menschen Zeit zu verbringen, die mir nah sind und was bedeuten, ohne großartig Dinge in Stein meißeln zu müssen. In letzter Zeit ecke ich öfters ran, weil ich gerne mehr mit mir selbst sein möchte. Als ich über Solo-Polyamorie gelesen hatte, dachte ich mir wow. Das klingt nach etwas, was mich glücklich machen würde. Wisst ihr, ich liebe es nach Hause zu kommen und zu wissen das kein Mensch da ist. Ich liebe es allein zu sein, jede Menge Krams im Internet zu lesen und Anime zu bingen. Nicht mit anderen Menschen zu reden. Heute war ein guter Tag. Ich war zwar nicht auf Arbeit, weil ich seit gestern eine schreckliche Migräne habe, aber dadurch habe ich jede Menge nachdenken können und habe schon sehr lange nicht mehr so viel am Stück verfasst.

Was ist denn jetzt Solo-Polyamorie? Hier der Beitrag, den ich als sehr informativ empfand.

Der Grund warum ich mich angesprochen fühle ist der, dass ich mich lieber als Einzelperson identifizieren und lieben möchte. Ich möchte lernen mich nicht zu verlieren und egoistischer zu sein. Meine Entscheidungen treffen, weil ich es möchte und nicht weil ich mich von jemandem beeinflusst fühle. Weil man ja auch an die andere Person Rücksicht nehmen soll, blabla. Trotzdem möchte ich Liebe und Nähe mit anderen Menschen teilen und tiefe Verbindungen aufbauen. Muss ich dann heiraten? Mit der Person zusammenziehen? Ich empfand es immer als sehr romantisch es zu tun, aber ich hatte nie wirklich hinterfragt ob es sich für mich richtig anfühlt.

Da ich noch in meiner Entdeckungsphase bin, kann ich nicht ausschließen, dass sich Dinge ändern werden. Ob ich doch irgendwann eine primäre Beziehung haben werde. Oder doch mit jemandem zusammenziehen möchte. Zumindest bin ich derzeit froh nicht-primäre Verbindungen zu haben. Ich entscheide was ich tun möchte und wenn jemand gerne dabei sein möchte, dann freue ich mich. Sonst ziehe ich mein eigenes Ding durch. Freiheit, Unabhängigkeit, Autonomie. Liebe, Tiefe, Freundschaft. Kommunikation. Ehrlichkeit. Das sind Werte, die mir wichtig sind und ich hoffe, dass ich in der Zukunft bessere Wege finde sie zu beschützen.

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3 Gedanken zu “totd #24 – Solo-Polyamorie

  1. Pingback: totd #29 - Asexualität-Spektrum | SEX.CHRONIK

  2. Wenn ich mich beschreiben müsste, dann würde genau „Relationship Anarchy“ momentan auf mich zutreffen haha. Ich vertrete genau deine Ansichten. Danke für diesen Beitrag 😀 ich dachte, Polyamor hätte nur eine Form xD aber gut zu wissen!

    • Ja, ich hab‘ mich auch erst durchlesen müssen. Das klassische Poly hat mich auch nicht unbedingt angesprochen 🙂

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